LUTS Stefan Madersbacher, Clemens Brössner et al
Stellungnahme des Arbeitskreises Prostata der Österreichischen Gesellschaft für Urologie
Die Empfehlungen des Arbeitskreises Prostata gelten nicht für Patienten mit folgenden Kriterien (diese Patienten benötigen eine andere diagnostische und therapeutische Vorgehensweise, die im Rahmen dieses Konsensusberichtes nicht dargestellt wird):
- Art und Dauer der urogenitalen Symptome
- vorangegangene operative Eingriffe
- allgemeine Gesundheitsprobleme (Sexualanamnese) - derzeitige Medikation
Wenn sich Patienten mit LUTS vorstellen, die auf eine zugrundeliegende BPO hindeuten, wird die Verwendung eines kurzen, vom Patienten selbst auszufüllenden Fragebogens in einer dem Patienten leicht verständlichen Sprache empfohlen, um die Häufigkeit der Symptome aus der Sicht des Patienten objektiv zu dokumentieren. Die sieben symptomenbezogenen Fragen des Internationalen Prostatasymptomen Scores (IPSS), sind das empfohlene Meßinstrument, die Patienten können wie folgt klassifiziert werden
Unabhängig davon, welche Fragebögen verwendet werden, sollte auch die Lebensqualität erfaßt werden. Bei der Lebensqualitätsbeurteilung, die im Zusammenhang mit dem IPSS erfolgt, handelt es sich um eine einzige Frage. Mit ihr wird erfragt, wie der Patient sich fühlen würde, wenn er seinen gegenwärtigen Symptomenzustand für den Rest seines Lebens ertragen müßte.
Körperliche Untersuchung und digital rektale Untersuchung (DRE)
Die Urinuntersuchung kann durch die Verwendung eines Teststreifens oder durch die Untersuchung des Harnsedimentes nach Zentrifugierung erfolgen.
Darstellung des oberen Harntraktes durch Ultraschall
Prostataspezifisches Antigen (PSA) im Serum
Die Bestimmung des PSA im Serum zusätzlich zur DRE, erhöht eindeutig die Diagnosewahrscheinlichkeit eines Prostatakarzinoms im Vergleich zur alleinigen DRE. Eine PSA-Bestimmung wird bei der Erstabklärung von Patienten mit einer voraussichtlichen Lebenserwartung von mehr als 10 Jahren empfohlen, bei denen therapeutisch vorgegangen würde, falls ein Prostatakarzinom nachgewiesen werden sollte.
Die maximale Harnflußrate (Qmax)stellt den wichtigsten einzelnen Meßparameter dar, wobei ein niedriger Qmax allerdings nicht zwischen einer Obstruktion und einer verringerten Kontraktilität des Detrsors unterscheiden kann. Aufgrund der intraindividuellen Variabilität der maximalen Harnflußrate (Miktionsvolumen mindestens 100ml, besser jedoch 150 ml) sollten mindestens 2 Harnflußmessungen durchgeführt werden.
Am besten erfolgt die Restharnbestimmung im unmittelbaren Anschluß an die Harnflußmessung mittels transabdominaler Sonographie. Aufgrund einer nicht unerheblichen intraindividuellen Variabilität sollte die Restharnmessung zur Verbesserung der Aussagekraft wiederholt werden.
Ein über 24-Stunden-Zeiträume ausgefülltes Miktionstagebuch hilft, Patienten zu identifizieren, bei denen eine beträchtliche Polyurie besteht oder die übermäßig viel Flüßigkeit zu sich nehmen, was bei älteren Männern nicht ungewöhnlich ist. Darüberhinaus bewährt sich das Miktionstagebuch bei im Rahmen der Erstuntersuchung erhobenen diskrepanten Befunden.
Die Druck-Fluß-Studie stellt das einzige Verfahren dar, welches eine Möglichkeit bietet, zwischen Männern mit einer niedrigen Harnflußrate aufgrund einer Detrusorschwäche und solchen mit einer beträchtlichen Obstruktion zu unterscheiden. Dies gelingt dadurch, daß der Detrusordruck zum Zeitpunkt der maximalen Harnflußrate zur maximalen Hanrflußrate in Beziehung gesetzt wird.
Die routinemäßige Darstellung der Prostata mittels Sonographie wird nicht empfohlen, allerdings kann der Erfolg bestimmter Behandlungsverfahren (z. B. Finasterid, Thermotherapie, Stents, TUIP) von besonderen anatomischen Charakteristika der - 3 - Prostata abhängen. Bei Männern mit erhöhtem Serum-PSA Spiegel ist die transrektale Sonographie die Methode der Wahl zur Untersuchung und Ausmessung der Prostata sowie zur Führung der Biopsienadel bei der gezielten Biopsie aus verdächtigen Arealen oder bei einer Sextantenbiopsie zum Ausschluß eines Prostatakarzinoms.
Bei der Erstuntersuchung eines ansonsten gesunden Patienten, bei dem möglicherweise eine unkomplizierte BPO vorliegt, wird eine Endoskopie des unteren Harntrakts nicht empfohlen. Es gibt Behandlungsalternativen, bei denen Erfolg oder Mißerfolg von der anatomischen Konfiguration der Prostata abhängen (z. B. TUIP, Thermotherapie, Stents). Falls derartige Behandlungsalternativen in Erwägung gezogen werden, kann eine Endoskopie hilfreich sein und wäre in diesem Fall empfehlenswert. Eine Endoskopie ist auch unmittelbar präoperativ erforderlich, wenn in Abhängigkeit von der Größe und der Form der Prostata entschieden werden muß, ob ein Patient Kandidat für eine TURP, TUIP oder eine offene Prostatektomie ist.
Im Gegensatz zu den oben angeführten Untersuchungen, zu deren Durchführung spezifische Indikationen bestehen, liefern die nachfolgend genannten Untersuchungen bei der Beurteilung von Patienten mit LUTS keine nützliche Information und werden daher in Routinefällen nicht empfohlen
Ein als anerkannt zu bezeichnendes Behandlungsverfahren muß folgende Kriterien erfüllen:
Ist eine anerkannte Behandlung bei allen Patienten, bei denen keine imperative Operationsindikation besteht.
α1-Rezeptorblocker
α1-Rezeptorblocker stellen eine anerkannte Behandlungsoption für diejenigen Patienten dar, bei denen belastende Symptome bestehen, ohne daß bisher schwerwiegende Komplikationen aufgetreten wären
5α-Reduktase-Inhibitoren
5α-Reduktase-Inhibitoren sind eine anerkannte Behandlungsoption für diejenigen Patienten, bei denen belastende Symptome bestehen, ohne daß bisher schwerwiegende Komplikationen aufgetreten wären. Derzeit sind 2 Präparate auf dem Markt die entweder den Typ 1 und 2 isoform Rezeptor der 5 alpha reductase hemmen oder nur Typ 2.
Östrogen Reuptake-Hemmer
Randomisierte Studien die eine Wirksamkeit und sehr gute Verträglichkeit von Mepartricin nachweisen liegen vor. Langfristige Verlaufsbeobachtungen (12 Monatsstudien) fehlen jedoch.
Phytopharmaka
Berichte über randomisierte Studien von kurzer Dauer liegen vor, die eine klinische Wirksamkeit und Verträglichkeit einiger Phytopräparate nahelegen. Weitere Untersuchungen nach den Richtlinien der Internationalen Konsultation über die BPH sind erforderlich. Langfristige Verlaufsbeobachtungen (12-Monatsstudien) fehlen bei den meisten Phytopräparaten. Die Durchführung derartiger Studien wird befürwortet, da dieser Therapieansatz interessant für weitere pharmazeutische und klinische Forschnungen ist.
Auf der Grundlage der gegenwärtig vorliegenden Daten erscheinen die Ballondilatation und die Hyperthermie (mit einer therapeutischen Temperatur < 45°C) keine anerkannte Behandlungsoptionen zu sein.
Intraurethrale Stents sind nur bei Hochrisikopatienten ein anerkanntes Behandlungsverfahren.
Thermotherapie
Dieses Verfahren wird in verschiedenen Techniken angeboten, die eine Koagulationsnekrose in der Prostata erzeugen. Je höher die therapeutische Temperaturen innerhalb der Prostata sind, umso besser sind die klinischen Ergebnisse, umso größer sind jedoch auch die Nebenwirkungen. Die Datenlage zur Notwendigkeit einer erneuten Behandlung, zur Dauerhaftigkeit eines initialen Therapieerfolges und zur Kostengünstigkeit ist unvollständig.